Ran an das Wildgemüse…

Jetzt aber los. Es scheint, als müsse die Natur aufgrund des langen Winters kräftig nachholen. Überall sprießt und grünt es. Wer eine Knospenkur nach Künzle machen möchte, kann das immer noch tun. Aber auch die ersten Wildgemüse können (und sollten) nun geerntet und genossen werden.

So zum Beispiel die Hopfentriebe, ein würdiger Spargelersatz. Was heißt „Ersatz…“ – nein, oberlecker, ihr werdet den Spargel nicht vermissen.

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Ja, man muss schon genau vor seine Füße gucken (bis er in angenehmer Höhe wächst, dauerts noch ein wenig), aber da zwischen den blühenden Buschwindröschen schiebt sie sich stetig empor, die grüne Köstlichkeit. Die Blätter noch ziemlich furchig, der Stiel haarig – etwas widerhakig… (Erkennungsmerkmal).

Ihr nehmt die etwa 15 – 20 cm langen Triebe.

Wenn ihr das vor lauter Appetit kaum aushaltet, dann einfach etwa 3 Minuten blanchieren und nochmal in Butter schwenken. Salzen, Pfeffern und genießen. Das geht pur, als Gemüsebeilage oder sogar zu Spaghetti.

Wer sich länger zusammenreißen kann und etwas anspruchsvollere Rezepte sucht, der hat hier eine wunderbare Fundgrube:

 

 

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Was dieses Buch von anderen Wildgemüsebüchern abhebt, sind die Pflanzenbeschreibungen. Meret Bissegger sortiert nach Pflanzenfamilien und zeigt die Wildgemüse im Detail und verschiedenen Entwicklungsstadien.

Die Rezepte sind einfach, aber raffiniert, jedoch nicht überzogen (wie „Tannenspitzengelee an Himbeerschaum“ oder ähnliche Schöpfungen der Kochkünstler) und mit dem, was eine normale Vorratskammer hergibt, schnell zu kochen.

Nichts gegen hohe Kochkünste. Manchmal steh ich auch ein paar Stunden in der Küche, um irgendeinen Spitzenkoch nachzuahmen. Lecker ja… aber praktikabel nur, wenn frau Zeit und Muße hat.

Meret Bissegger hat natürlich auch Rezepte zum Hopfen und… was ich bisher nirgends gefunden habe: zur ährigen Teufelskralle aus dem vorigen Beitrag. Sie schwärmt geradezu von ihr:

Die jungen Blätter ergeben im Frühjahr einen der besten und feinsten Salate, die man in der Natur finden kann, sehr gut zum Beispiel zusammen mit Linde und Feldsalat.

Wenn das keine Aufforderung ist…

Wer jetzt noch Langeweile auf dem Teller hat, ist selbst schuld.

Das Einzige Wermutstropfen: Die Wildpflanzenküche ist ein reines Frühjahrs- und Sommerbuch. Leider finden wir keine Herbstrezepte, nichts mit Beeren oder Nüssen…

Schade…

Aber möglicher Weise kommt da ja noch mal was von der genialen Wildgemüseköchin, ich hoffe drauf!  😉

Lasst euer Haar herunter…

… muss auch nicht so weit sein, sondern wie immer nur bis vor eure Füsse… denn da findet ihr jetzt eine

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Rapunzel…

… was nichts anderes als „Rübchen“ heißt und dezent auf eine mögliche Verwendung hinweist. Hier entwickelt sich die „Ährige Teufelskralle“, die nichts außer dem Namen mit der geläufigen „Teufelskralle“ gemein hat, sondern zu der Familie der Glockenblumen (den Rapunzeln eben) gehört. Die jungen Blättchen können mittig einen dunklen Streifen aufweisen, oder eben auch nicht. So ist das in der Pflanzenwelt – man kleidet sich nach Standort und Nährstoffangebot.

Diese Teufelkralle ergibt ein gutes Wildgemüse, wird oft auch „Waldspinat“ genannt. Sie würde früher auch wegen der Wurzeln angebaut. Ob sie nun tatsächlich das Pflänzlein ist, das Rapunzels goldenes Haar gesehen hat, entzieht sich aber meiner Kenntnis. Auch Feldsalat bekommt man als „Rapunzeln“.

Medizinisch wird sie erstmals bei Gerard (1597) erwähnt, der sie für entzündliche Prozesse im Mund- und Rachenraum empfiehlt. Auch Samuel Frederick Gray (1821) verwendet sie ähnlich (Mandelentzündung).

In anderen Publikationen finden wir die Wurzel als Aphrodisiakum (Oh Rapunzels Mutter, was willst du uns damit sagen? 😉 )

Vermutlich wird die Ährige Teufelskralle noch einige wunderbare medizinische Wirkungen haben (die wir nie erlernen, aber vielleicht erfahren dürfen), doch unsere Wissenschaft vermutet ja zunächst immer grundsätzlich Böses, ohne dem Rechnung zu tragen, dass schon Generationen von Vorfahren von unseren Heilpflanzen profitiert haben. Ich möchte mal behaupten, das  jährlich mindestens 1000 mal mehr Menschen an den Nebenwirkungen  schulmedizinischer Arzneien und Behandlungen, als an irgendwelchen Kräutern sterben (Ich meine allein in Deutschland so um die 50000… die genaue Zahl lässt sich nachlesen).

Unsere ährige Teufelskralle gehörte aber schon immer zu den Wildgemüsen und steht nicht auf der Liste der „bedenklichen“ Pflanzen. Unbedenklicher als Kartoffeln und Tomaten dürfte sie allemal sein.

Wer sie also findet (sie blüht später wunderschön – weiß mit kleinen hakigen Ähren), darf sie auf den Speisezettel nehmen, oder er lässt sie stehen, damit sie sich ein wenig vermehren kann. In England ist ihre Zahl schon bedenklich zurückgegangen, über die Ausbreitung in Deutschland ist mir nichts bekannt.

Vielleicht weiß Rapunzel mehr…?